Das Corona-Tagebuch: Ein Projekt von Rüdiger Heins, Jens-Philipp Gründler, Vinzenz Fengler, Isabella Lehmann, Dr. Annette Rümmele, Ilona Herres – Schiefer, Barbara Rossi, Helga Zumstein, Christian Sünderwald, Anja von Wins, Henriette Tomasi, Ulrike Damm, Jürgen Fiege, Sigrid Hamann und Peter Reuter
München, 26 Juni 2021
Jürgen Fiege
QUO VADIS …?
oder „Du will mein altes Leben zurück“
Viele Medien predigen uns täglich, die Pandemie geht zurück, die Inzidenzwerte usw., hier habt ihr euer altes Leben wieder – das Geschäftsleben braucht euch.
Hoppla, mein altes Leben ….
Will ich das überhaupt zurück?
Man hat mir in der Pandemie Vernunft aufgezwungen, obwohl ich selbst eine habe. Ich habe in den Medien Menschen gesehen, die ihre Selbstbestätigung darin erkennen ihr Recht auf Unvernunft einzufordern. Interessierte Menschen haben einen Aufstand gegen die „Aufklärung“ angezettelt. Instrumentalisierte Menschen haben sich an der eigenen Verstandeskraft berauscht und sehen ihre Gedankenfreiheit bedroht, eine egoistische Gedankenfreiheit, die Zerstörung mit einbezieht. Wir hatten es uns gemütlich gemacht, alle Wege waren vertraut, und plötzlich kommen fremde Menschen, neue Kulturen und Religionen, neue digitale Herausforderungen, und eine unverständliche Krankheit. Die Veränderungen sind zur Zeit zu viel und einige Menschen haben unterwegs ihren Kompass verloren. Sie sehen ihr Heil nur noch in der Verweigerung dieser neuen Anforderungen.
Die Künstler hat man in dieser Pandemie darin behindert ihre Möglichkeiten einzubringen. Arbeiten, die Erkenntnisprozesse anschieben, waren lästig. Werke, die zu anderen Problemlösungen anregen, gar unerwünscht, Denkalternativen, die Erlebtes verstehbar machen, nicht gewollt.
Ich glaube, das Nachdenken über künstlerische Arbeiten erlaubt ein Innehalten. Kunst inspiriert zu anderen Denkansätzen, schaffen offene Denkräume und vielleicht auch andere Sichtweisen.
Unvernunft sollte nicht der Weg in eine nicht mehr lebbare Vergangenheit sein, sondern ein „Versuchs trotzdem“ in die Zukunft. Kunst zeigt immer auch die Möglichkeit eines anderen Lebens. Vielleicht sollte die „Aufklärung“ in diesem Sinne fortgeführt werden. Wir brauchen Spielräume für Gefühle, Leidenschaft, Kreativität, Zuversicht und Vertrauen.